Qiagen streift COVID-19 ab und stürmt den NGS-Markt

Mit den Quartalszahlen zu Q4 2022 und vorläufigen Jahreszahlen meldete die Hildener Qiagen NV kleinere Verluste zum besonders von COVID-19 geprägten Jahr 2021. Das Unternehmen weist dabei ausdrücklich darauf hin, dass sich die "Non-COVID-19"-Bereiche dagegen im zweistelligen Bereich positiv entwickelt haben und setzt für die Jahresprognose 2023 auf eine Fortsetzung. Mit dazu beitragen soll der Bereich Next-Generation-Sequencing.

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Die jüngst vorgelegten Zahlen für 2022 bei Qiagen NV (Sitz in Venlo, Niederlande) klingen solide: Das Unternehmen erzielte im vergangenen Jahr einen Nettoumsatz von 2,14 Mrd. US-Dollar (Qiagen bilanziert in US-Dollar). Das waren zwar rund 5% weniger als im Vorjahr. Deutlich besser sehen die Zahlen aus, wenn das operative Geschäft ohne Corona-Effekt betrachtet wird: Im Nicht-COVID-Produktportfolio stieg der Umsatz laut Quartalsbericht dynamisch um 14% auf 1,67 Mrd. US-Dollar.

Da sich der Umsatzrückgang im COVID-Produktportfolio fortsetzen dürfte, ist die hervorgehobene Betrachtungsweise der anderen Geschäftsfelder sicherlich legitim und weist auf die zukünftigen Hoffnungsträger bei den Erträgen, die laut Jahresprognose für 2023 bei mindestens 2,05 Mrd. US-Dollar landen sollen, – das Corona-Geschäft soll da nur noch rund 10% beitragen. Wie das gelingen soll, dazu lohnt sich ein Blick auf einige Aktivitäten von Qiagen seit dem Jahreswechsel.

Qiagen hat den US-Geschäftspartner Verogen für 150 Mio. US-Dollar gekauft. Der kalifornische Forensik-Spezialist Verogen, der 2017 in San Diego gegründet wurde, hatte erst im vergangenen Jahr eine Vertriebsvereinbarung mit Qiagen abgeschlossen. Bezahlt wird in bar, aus der prall gefüllten Kasse des Corona-Testkit-Geschäftes. Verogen gilt als ein – obwohl noch jüngeres – führendes Unternehmen im Bereich Next-Generation-Sequencing-Technologien (NGS), die Personenidentifizierungen und forensischen Ermittlungen neue Möglichkeiten eröffnen. Die weltweite Nachfrage nach NGS hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen und Verogen hat Methoden entwickelt, um bei besonders schwierigen Identifizierungsfragen erfolgreich zu sein. Die Sequenzier- und Analyselösungen des Unternehmens sind für die Verwendung mit dem MiSeq FGx®-Sequenziersystem von Illumina, Inc. konzipiert. Mit dieser Übernahme erhält Qiagen die exklusiven Vertriebsrechte für diese Version des MiSeq-Sequenzierers, die speziell für forensische Anwendungen entwickelt wurde. Bis heute wurden mehr als 300 MiSeq FGx Sequenziersysteme plaziert, was einen starken Einstieg in dieses Marktsegment darstellt, den Qiagen sich nun eingekauft hat. Die reinen Umsatzerlöse der Verogensparte liegen derzeit bei rund 20 Mio. US-Dollar.

Doch Qiagen ist auch aktiv, NGS als Biomarker-Standard für die Entwicklung sogenannter Companion Diagnostics (Begleitdiagnostik zur Verwendung in Kombination mit zielgerichteten, personalisierten Therapeutika) breiter in die Anwendung zu bekommen, über die Onkologie hinaus. So muss man wohl die neue Kooperation mit der Firma Helix aus Kalifornien interpretieren, die diese Technologie großflächig einsetzt, um Populationsstudien für einzelne Krankheitsindikationen durchzuführen, und damit eine genomische Charakterisierung von Patienten in klinischen Studien anbietet. Helix ist Partnerschaften mit führenden Gesundheitssystemen eingegangen, um Populationsgenomprogramme mit jeweils mindestens 100.000 Patienten in den USA zu ermöglichen. Diese Programme beschleunigen die Identifizierung und Rekrutierung von Patienten für klinische Studien zu Erbkrankheiten wie Parkinson, Herz-Kreislauf- oder Entzündungskrankheiten wie nicht-alkoholische Steatohepatitis (NASH) erheblich, ermöglichen RWD-Dienste (Real-World Data) oder RWE-Dienste (Real-World Evidence) und bieten über die tiefgreifenden genetischen Einblicke Methoden zur Untersuchung von Sub-Kohorten sowohl in der Arzneimittelforschung als auch in klinischen Studien an.

"Diese Partnerschaft ist ein weiterer Schritt, um die Leistungsfähigkeit der Begleitdiagnostik für Erbkrankheiten zu nutzen, indem wir die führenden Produkte von Helix mit Qiagens umfangreichen Pharma- und Biopharma-Beziehungen, NGS-Kapazitäten und globaler regulatorischer Expertise kombinieren", sagte Thierry Bernard, Chief Executive Officer von Qiagen.

Das Begleitdiagnostik-Angebot des Hildener Unternehmens umfasst Technologien von der Sequenzierung der nächsten Generation bis zur Polymerase-Kettenreaktion (PCR) und digitalen PCR (dPCR), Probentypen von der Flüssigbiopsie bis zum Gewebe und Krankheitsbereiche von Krebs bis Parkinson – einschließlich 11 FDA-zugelassener PCR-basierter Begleitdiagnostika. Auch die im September 2022 bekannt gegebene Zusammenarbeit mit Neuron23 zur Entwicklung eines NGS-basierten Begleitdiagnostikums für ein neues Parkinson-Medikament zahlt in diese Strategie ein, der Technologie zur breiteren Anwendung zu verhelfen und Qiagen mit einer steigenden Zahl von Biopharma-Partnerschaften auch an therapeutischen Entwicklungserfolgen teilhaben zu lassen.

Das Ende der Corona-Zuflüsse lässt die Börse bei Qiagen nicht zurückschrecken oder gar den Kurs wieder auf das Vor-Corona-Niveau zurückfallen. Ganz im Gegenteil bleibt ein solider Aufwärtstrend dieser Biotechnologieaktie auch in diesen durchwachsenen Zeiten erhalten.

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